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Saturn
Wachenroder
Details zu Wachenroder
Review bewerten!
Review von Lagi
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Ein schräg-sympathisches Strategiespiel mit edler Präsentation und einigen guten Ideen, aber zu viel Sand im Getriebe. Japanisch-Könner dürfen in Gedanken ein paar Prozentpunkte aufschlagen, Sammler und Liebhaber werden einen näheren Blick riskieren. Alle anderen sollten sich überlegen, ob ihnen ein originell aufgemachtes, spielerisch aber nur durchschnittliches und seltsam lustlos umgesetztes Taktik-RPG das Geld wert ist. Auf dem Saturn finden sich in diesem Genre schließlich genug Alternativen. |
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fantastisches Charakter- und Szenariodes |
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lässiger Soundtrack |
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man spricht doitsu |
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dampfgetriebene Kettensägen |
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gute Ansätze im Gameplay... |
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...aus denen nicht allzuviel gemacht wir |
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lahme KI |
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oft banales Leveldesign |
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auf die Dauer zu zäh, zu eintönig |
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Veröffentlicht am 03.05.2002 15:21, dieser Review wurde 340x gelesen.
Vorweg: Diese Review richtet sich bewußt an Spieler mit keinen oder nur geringen Kenntnissen der japanischen Sprache und berücksichtigt deshalb die Story in der Wertung nicht. Der Autor verfügt selbst nur über Kenntnisse auf Anfängerniveau, alle Kana-Übertragungen und zusammengereimten Angaben zur Handlung erfolgen ohne Gewähr. Wachenröder erzählt seine Geschichte sehr ausführlich in nicht selten halbstündigen Zwischensequenzen; während es durchaus möglich ist, dem Plot auch mit schlechten Sprachkenntnissen grob zu folgen, verbauen die kanjilastigen und oft umgangssprachlichen Dialoge dabei sehr rasch tiefere Einblicke in die Handlung und das Beziehungsgeflecht der Charaktere. Davon abgesehen gibt sich das Spiel relativ importfreundlich. Die überwiegend aus selbsterklärenden Icons und Katakana bestehenden Menüs lassen sich problemlos navigieren, und der durchweg lineare Spielverlauf sollte niemandem Orientierungsschwierigkeiten bereiten.
Auf der abgeschiedenen, von Nebel umschlossenen Edouard-Insel hat sich eine seltsame Kultur herangebildet. Eisenbahnen rattern quer durchs Land, Stahltürme spucken ununterbrochen schwarzen Rauch in den Himmel, der als aschfarbener Regen wieder herunterkommt. Die Menschen in den Slums der Hauptstadt leiden unter der Umweltverschmutzung, die der technologische Fortschritt mit sich bringt. Etliche sterben an einer gefürchteten Krankheit, verursacht durch verseuchtes Trinkwasser: Lichtphobie. So auch die kleine Schwester von Lucian Tyler, seines Zeichens Held des Spiels. Bewaffnet mit seinem "Steam Refine Gear", einer dampfgetriebenen(?) Kettensäge(!), macht er sich auf, die Verantwortlichen für das Ökodesaster zur Rechenschaft zu ziehen. Unterwegs macht er die Bekanntschaft von Carol, Small, Titus und anderen Gleichgesinnten, die ihm zur Seite stehen. Sein Rachefeldzug wird 31 rundenbasierte Schlachten umfassen.
Solch ein "Steam Punk"-Szenario mutete im Grunde zwar auch beim Erscheinen des Spiels 1998 nicht bahnbrechend originell an, so schick in Szene gesetzt wie bei Wachenröder wurde es allerdings selten. Range Muratas erwachsenes Charakterdesign nimmt sofort ein, ebenso der schräge Soundtrack, der stilsicher wimmernde Gitarren und Klassik aufeinander folgen lässt; das Titelmotiv wurde gar von Ian "King Crimson" McDonald eingespielt. Düstere Science Fiction à la Blade Runner, technische Eigenschaften des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts und ein paar frische Designeinfälle wurden zu einem eigenständigen, grafisch konsistenten Stilmix verquickt. Diese Atmosphäre entfaltet sich hauptsächlich zwischen den Gefechten, in mal gerenderten, seltener gezeichneten Standbildern, vor denen die Protagonisten in ausführlichen Gesprächen Intrigen schmieden und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. An wichtigen Stellen gibt es (hochwertige) Sprachausgabe, neue Kapitel in der Geschichte werden mit Zwischentiteln in Stummfilmmanier eingeleitet, und einige FMVs runden die exzellente Präsentation ab.
Sobald es allerdings aufs Schlachtfeld geht, macht sich erste Ernüchterung breit. Die isometrischen, dreh- und zoombaren Kampfarenen kommen detailarm und matschgrau daher; Lucians Rebellentruppe und ihre Gegner werden durch gnomenhaft verpixelte, mäßig animierte Sprites dargestellt. Nur spezielle Angriffsmanöver erscheinen à la Shining Force III in 3D-Polygongrafik auf dem Bildschirm. Die manchmal witzigen, auf Dauer eher nervenstrapazierenden Animationen lassen sich dankenswerterweise im Optionsmenü abstellen.
Nach Aufstellen der Spielfiguren geht es genretypisch rundenbasiert zur Sache. Jeder Charakter erhält pro Kampfzug 99 Bewegungspunkte, die nach Belieben auf Aktionen wie Gehen, Kämpfen, Items benutzen oder Heilen verteilt werden dürfen. Nahkämpfer sind ebenso unter Lucians Mitstreitern vertreten wie Bogen- und Gewehrschützen, manche bewegen sich langsamer und stecken mehr Schaden ein, andere sind schnell und schmalbrüstig. Die meisten weiblichen Charaktere verfügen zudem über Heilkräfte und können in jeder Runde für eine geringe Anzahl an Bewegungspunkten die HP-Leiste ihrer Kameraden auffüllen. Die Charakterausbildung erfolgt auf festgelegten Pfaden, ein "Job System" im Stil von Final Fantasy Tactics gibt es nicht. Lediglich die Ausrüstung der Charaktere lässt sich gelegentlich gegen im Kampf gewonnenes Geld verbessern.
Höhenunterschiede und die Positionierung der Kämpfer spielen in Wachenröder eine wichtigere Rolle als in den meisten Strategiespielen. Gegner, selbst Bosse, die einen Frontalangriff mühelos abschmettern, lassen sich so oft durch einen einzigen listigen Schlag in den Rücken besiegen. Eine weitere Besonderheit stellt das "Hot Meter" dar- ein Balken, der anzeigt, wieweit sich die Waffe eines Kämpfers erhitzt hat. Schlägt man nur blind drauf los, macht der Dampfantrieb des Mordinstruments bald schlapp, und es lässt sich einige Runden nicht mehr einsetzen. Um das zu verhindern, sollte man regelmäßig Bewegungspunkte zum Kühlen aufsparen.
Im Prinzip keine schlechten Voraussetzungen für spannende Taktikscharmützel, nur: den Designern scheint bei der praktischen Umsetzung etwas die Puste ausgegangen zu sein. Die Computer-Gegner verhalten sich grundsätzlich zu passiv und reagieren erst, wenn die eigenen Figuren in Reichweite kommen. Dafür laufen sie ihnen dann umso planloser ins Messer- hat man das Prinzip erst einmal durchschaut, ist es allzu einfach, den einen entscheidenden tödlichen Treffer anzubringen. Scheitert man doch einmal, so lautet die Lösung meist: noch defensiver vorgehen, noch langsamer vorrücken und mehr Runden auf Heilen und das Warten der Waffen aufwenden. Viele der Schlachtfelder sind zudem fade gestaltet, zu selten finden sich Situationen, die zum Vorausplanen, zum Taktieren zwingen. Die Aufgabenstellung alterniert einfallslos zwischen "alle Feinde ausschalten", "Schalter umlegen und dann alle Feinde ausschalten" und "Zielort erreichen (unterwegs alle Feinde ausschalten)". Der -in diesem Genre allerdings nicht unübliche- strikt lineare Spielablauf, der selten vom bekannten Cutscene-Schlacht-Cutscene-Muster abweicht, verstärkt den Eindruck der Eintönigkeit noch. Nach gut zwanzig Spielstunden fühlen sich so auch wohlwollende Genre-Liebhaber gezwungen, einmal näher über die Verwandschaft von Dampf und heißer Luft nachzudenken.
Daß das Spiel hierzulande trotzdem so etwas wie Kultstatus genießt, liegt am kreativen Umgang der Macher mit der deutschen Sprache. Deren Spuren finden sich überall in Eigennamen von Charakteren, Ortschaften und Items, einmal durch den dampfgetriebenen Fleischwolf gedrehten Vokabeln, die dann mit zum Teil großartigem Ergebnis in Katakana gepresst wurden: "Dreiganggetriebe", "Grundsatzbrät"(?), "Leermetall", "Riesengeballer" und "Kein Backfisch"- der Special Move von Lucians Freundin. Dazu setzt es massig popkulturelle Referenzen von den Chemical Brothers bis Frank Zappa; ob clever eingesetzt oder planlos zusammengepanscht, möge ein Japanologe beurteilen.
Review-Score 5000
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Eccoman am 20.01.2005 14:11
Ein Uralt-Review, das beweist, dass selbst 2002 schon einige Leute den Bogen ´raus hatten. Inhaltlich, sprachlich und optisch exzellent!
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adamma666 am 15.11.2003 13:56
super. ich habe das spiel leider nie gezockt, aber dieses review vermittelt auf einem sprachlich hohen niveau gekonnt die relevantesten fakten.
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[QIREX-RD] am 07.08.2003 23:08
Ich seh's erst jetzt! Wäre schön, wenn du mal wieder was schreiben würdest, ein Mensch vom Fach!
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Klees am 24.03.2003 13:30
Jau!
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Käfertal Ib am 17.07.2002 11:52
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::: Wertungsrichtlinien ::: |
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91% - 100%Referenz
81% - 90%Spitzenklasse
71% - 80%sehr gut
61% - 70%gut
51% - 60%durchschnittlich
41% - 50%unterdurchschnittlich
31% - 40%schlecht
21% - 30%sehr schlecht
11% - 20%miserabel
1% - 10%Aaargh
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::: Reviews in Arbeit ::: |
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::: Frisch überarbeitet ::: |
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