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Atari VCS 2600

Keystone Kapers

Details zu Keystone Kapers

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Top-Review

Review von Doki Nafaso

::: Fazit :::

Keystone Kapers kann mit einer witzigen Grundidee überzeugen, die technisch sehr gut umgesetzt wurde. Vor allem die Hauptfigur des Polizisten wurde hervorragend in Szene gesetzt und sorgt mit seinen variantenreichen Bewegungen für Kurzweil. Das Gameplay ist mit den unterschiedlichen Möglichkeiten der Fortbewegung und den verschiedenen Hindernissen recht vielseitig ausgefallen und reizt dazu, verschiedene Möglichkeiten der Jagd auszuprobieren.. Der fortgeschrittene Spieler hat jedoch das Problem, daß sich der Schwierigkeitsgrad nicht von außen einstellen läßt. Gerade in einem Spiel, bei dem man anfangs längere Zeit einfach nur geradeaus rennen muß, wäre dies wichtig gewesen.

::: Positiv :::

		Witzige Spielidee
		Comic-reife Spielfiguren
		Viele Möglichkeiten der Fortbewegung
		Viele verschiedene Hindernisse

::: Negativ :::

		Einige Längen im Gameplay
		Kein einstellbarer Schwierigkeitsgrad

::: Rating :::

Wertung:

80%

Veröffentlicht am 27.09.2002 13:27, dieser Review wurde 389x gelesen.

Nach einem Ausbruch aus dem Gefängnis gibt es empfehlenswerte Verhaltensweisen und weniger empfehlenswerte. In voller Häftlingskleidung in ein Kaufhaus einzubrechen, würde man wahrscheinlich zu den weniger empfehlenswerten rechnen.

Doch Meisterdieb Harry Hooligan sieht das offenbar anders. Er hat sich frei in einem Warenhaus bedient und droht nun, übers Dach zu entkommen! Schon rennt er Etage für Etage nach oben. Nur ein einfacher Police Officer, der als einziger vor Ort ist, kann jetzt noch Abhilfe schaffen. Er muß den Einbrecher einholen und fangen.

Am Anfang des Spiels kommt Ihr sozusagen gerade zur Tür herein und steht nun in der untersten Etage. Meister Hooligan ist bereits ein Stockwerk weiter oben und rennt zielstrebig jeweils von Rand zu Rand der einzelnen Stockwerke. Dort befinden sich nämlich Rolltreppen, die ihn weiter nach oben bringen. Im Prinzip müßt Ihr ihm nur hinterherrennen und ihn verhaften, was durch eine einfache Berührung erledigt ist. Es läuft pro Versuch ein Zeitlimit von 50 Sekunden ab. Entwischt der Dieb in dieser Zeit übers Dach, verliert man eines von insgesamt drei Leben. Anderenfalls wird die verbliebene Zeit in Punkte umgemünzt, und man gelangt in den nächsten Level.

Die Level unterscheiden sich dabei durch zahlreiche Hindernisse, die die Jagd nach dem Dieb erschweren: Hat man es zunächst nur mit ein paar gemächlich hüpfenden Bällen zu tun, kommen später als "Zwischengegner" auch noch fahrende Einkaufswagen und herumstehende Radios hinzu. Berührt man versehentlich einen dieser Gegenstände, verliert man ganze 9 Sekunden Zeit. So lange braucht der recht beleibte Officer wahrscheinlich, um wieder auf die Füße zu kommen. Gerät man hingegen mit einem der niedrig fliegenden Modellflugzeuge aneinander, verliert man sogar ein ganzes Leben!

Der Officer verdient an dieser Stelle ein Wort: Er ist zwar von seiner Statur her ein eher "gemütlicher" Typ, scheint aber bei dieser Aufgabe über sich selbst hinauszuwachsen: Er wetzt mit auffallender Verve dem Dieb hinterher, stößt dabei unermüdlich den Polizeistock nach vorne, um den Schwung beizubehalten, kann springen (durch Druck auf den Button) und sich sogar ducken (Joystick nach unten ziehen). Nicht allzu viele Spielfiguren konnten sich im Jahre 1983 schon ducken! Er braucht diese Fähigkeit, um den heranfliegenden Flugzeugen und den hoch hüpfenden Bällen auszuweichen. Die Umsetzung dieser Spielfigur war für damalige Verhältnisse wirklich hervorragend und beschert dem Spiel schon einen hohen Unterhaltungswert.

Zurück zum Spiel: Je schwerer die Level werden, desto mehr wünscht man sich eine Abkürzung. Und tatsächlich: In der Mitte des Kaufhauses befindet sich ein Aufzug, der nach festgelegtem Schema die Stockwerke auf und ab fährt. Das Beste daran: Nur der Officer kann ihn benutzen! Gleichzeitig sieht er auf einem kleinen Radarbildschirm, der im Spiel stets unten eingeblendet wird, wo sich der Dieb momentan befindet (weißer Klotz) und wo sein eigener Standpunkt ist (brauner Klotz).

Aber der Dieb hat auch einen Vorteil: Er kann, anders als der Officer, auch ohne Benutzung von Rolltreppen jeweils am Rand einer Etage nach unten gehen (vielleicht nimmt er das Treppenhaus?). Für den Officer hingegen besteht die einzige Möglichkeit, überhaupt nach unten zu kommen, in der Benutzung des Fahrstuhls. Und wenn man diesen gerade wieder verpaßt hat... Durch mehrere solcher Fehler wird das Zeitlimit schnell zu knapp. Der Dieb ist sich dessen offenbar bewußt und bemüht sich in solchen Fällen gar nicht, noch länger das Dach anzustreben, sondern rennt in den unteren Stockwerken seine Bahnen..

Zu erwähnen wäre noch, daß nicht nur die gesparte Zeit Punkte erbringt, sondern auch allerlei Diebesgut, das im Kaufhaus herumsteht und das der Polizist nebenbei (wieder durch bloßes Berühren) einsammeln muß. Es handelt sich hier um Koffer und Geldsäcke. Diese bringen allerdings nur jeweils 50 Punkte, während eine gesparte Sekunde Zeit gleich im ersten Level 100 Punkte und ab dem neunten Level sogar 200 Punkte erbringt. Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig in der schnellen Verfolgung des Diebes, wobei zeitfressende Hindernisse unbedingt zu vermeiden sind. Immerhin erhält man alle 10.000 Punkte ein Bonusleben, so daß es sich schon lohnt, zwischendurch auf das Punktekonto zu schauen.

Nimmt man alles zusammen, erhält man eine recht bunte Mischung unterschiedlicher Spielelemente. Während man eigentlich einen flüchtigen Dieb verfolgt, verbringt man mehr und mehr Zeit damit, an herumirrenden Gegenständen sein Geschick zu erproben. Vor allem in den Anfangsleveln läuft die Jagd allerdings häufig genug darauf hinaus, leere Gänge stur hinunterzurennen, um zur nächsten Rolletreppe zu gelangen. Dieses Problem wird noch dadurch verschärft, daß es keine einstellbaren Schwierigkeitsstufen gibt. Die entsprechenden Schalter am Gerät haben schlicht keine Funktion. So muß man immer wieder von vorne anfangen, was den Spielspaß etwas bremsen kann, wenn man ein guter Spieler geworden ist. Manche wird vielleicht auch stören, daß es mit dem eigentlichen Gegner kaum eine Interaktion gibt. Nur wenn er einen im Fahrstuhl herankommen sieht und daraufhin die Laufrichtung wechselt, entsteht ein gewisses "Wir"-Gefühl. Auf der anderen Seite hat aber auch gerade dieses marionettenhafte Davonlaufen einen humoristischen Charakter und gibt dem Spiel einen gewissen irren Witz, von dem es lebt. Dazu paßt auch, daß sich der Dieb absolut geräuschlos und fast schon gespenstisch durch die Gänge bewegt, während die Figur des Spielers ein normales Laufgeräusch erzeugt und ansonsten noch mit einem elektronischen Schellenklang über die diversen Hindernisse hüpft. Andere Soundelemente beschränken sich auf ein Warnsignal, wenn die Zeit abläuft und eine kleine Fanfare, wenn man wertvolles Diebesgut eingesammelt hat.

Auch in graphischer Hinsicht liegt der Schwerpunkt ganz klar auf der guten Umsetzung der Spielfiguren. Keystone Kapers ist das einzige mir bekannte VCS-Spiel, das es schafft, zwei mehrfarbige Sprites nebeneinander darzustellen. Es gab Zeiten, da galt schon die Darstellung eines einzigen solchen Sprites als Besonderheit - und zwar zu Recht, denn Multicolor-Sprites sind auf dem VCS zunächst gar nicht vorgesehen. Sondern jedes Sprite hat nur ein Register, in dem seine Farbe festgelegt wird. Will man ein mehrfarbiges Sprite erzeugen, muß man nun mit exaktem Timing nach jedem Zeichnen einer Zeile das Farbregister neu setzen. Und dies für zwei Sprites gleichzeitig zu beachten, die auch noch animiert und auf Kollision getestet werden müssen, war schon ein gewisses Meisterstück. Dieser Trick steht in keinem Lehrbuch, sondern war wohl nur möglich, weil Activision in diesem Spiel, das ein Jahr nach Pitfall heraus kam, die Summe seiner Erfahrungen gezogen hat.

Review-Score 5000

Review bewerten

		[QIREX-RD] am 26.10.2002 20:54 Vorbildlich! Das letzte Bild ist das lustigste auf gamejudge.de
		NRG am 30.09.2002 23:34 Sehr interessant und ausführlich geschrieben, inkl. technischen Details der Atari Ur-Konsole und einem Spiel der ersten 3rd.Party überhaupt; Activision. Sehr gut, hat Spass gemacht!
		GameGod am 29.09.2002 00:44 Deine Review ist für mich als Spieler der etwas jüngeren Generation (vom VCS habe ich gehört, aber nie irgendetwas darauf gespielt; ich bin 15) der Beweis dafür, dass frühere Spiele nicht so schlecht waren, wie von mir - fälschlicherweise - angenommen. Respekt!
		Baraclese am 27.09.2002 21:50 Wunderbar detailliert beschrieben :)
		jetsetradio am 27.09.2002 15:08 ja! sehr gutes review! Informativ und komplett.